Angst gehört für alle Säugetiere zum Leben dazu
Angst schützt uns vor Gefahren und Angst schützt uns vor Leichtsinnigkeit, davor falsche Entscheidungen zu treffen. Angst ist in manchen Situationen überlebenswichtig, sie ist ein Selbstschutzmechanismus. Es gibt erlernte Angstauslöser, aber auch angeborene Angstauslöser. Angst ist also auch eine Schutzreaktion des Körpers.
Schlimm wird es, wenn die Angst allmächtig wird, der Hund aus seiner Angst nicht mehr herauskommt. Angst vor Dingen entwickelt, die eigentlich gar keine Bedrohung darstellen…
Die Gefahr bei Angst ist, dass sie oft schnell immer größere Kreise ziehen kann. Eigentlich unbedeutende Reize – die rein zufällig in der Angstsituation mit vorhanden sind – können zu weiteren Angstauslösern werden.
Somit ist es ganz wichtig, dass Du die Ängste Deines Hundes ernst nimmst, daran trainierst und ihn bestmöglich unterstützt. Das gilt nicht nur an Silvester bei Geräuschangst, sondern natürlich auch bei allen anderen Angstauslösern.
Tipp 1: Gegenkonditionierung
Das ist zwar keine Möglichkeit auf die Schnelle, aber in Ruhe angegangen für die noch kommenden Jahre durchaus sehr effektiv.
Bei einer Gegenkonditionierung werden die angstauslösenden Geräusche mit etwas angenehmen Positiven verknüpft.
Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist, dass Du immer im Wohlfühlbereich Deines Hundes trainierst, die Geräusche zwar eine völlig normale Wahrnehmungsreaktion auslösen, aber den Stresspegel noch nicht in die Höhe treiben.
Hierbei fängt man natürlich mit ganz leisen Geräuschen an, so dass der Hund sie noch nicht als unangenehm empfindet. Es gibt extra Gerräusch-CDs, aber auch YouTube gibt einiges her.
Im Wohlfühlmodus tastet man sich Schritt für Schritt an lautere Geräusche heran.
Tipp 2: Relaxodog
Der Relaxodog ist ein kleines Soundmodul, dass über Schallwellen und einem möglichen zusätzlichen Sound beim Hund Entspannung hervorruft.
Es kann dem Hund bei vielen verschiedenen Stressoren helfen, so auch bei Geräuschängsten und ähnlichem.
Die ruhige Musik des Relaxodog musst Du zuerst mit Entspannung verknüpfen, sonst kann sie nicht wirken. Also die ersten Tage immer anstellen, wenn Dein Hund entspannt ist. So entsteht von ganz allein die Verbindung von Musik und Entspannung und später löst die Musik Entspannung bei Deinem Hund aus.
Der Relaxodog ist recht klein. Du kannst ihn also super in die Tasche stecken und auch mit nach draußen nehmen.
Bisher habe ich diesbezüglich zu 99% positive Rückmeldungen bekommen. Aber auch hier gilt – man muss es für den eigenen Hund ausprobieren.
Benutzt Du den Relaxodog in stressigen Situatioenn, musst Du ihn regelmäßig in entspannten Situationen wieder „aufladen“.
Tipp 3: DAP®/Adaptil
D.A.P.® ist ein synthetischer Nachbau des Beruhigungspheromons der Mutterhündin. Dieses verströmt sie nach der Geburt und es wirkt entspannend auf die Welpen. Immer unter der Voraussetzung, dass die Welpenzeit für den Hund auch angenehm war. Auch der Nachbau dieses Pheromons besitzt die stressreduzierenden und beruhigenden Eigenschaften bei jungen und auch ausgewachsenen Hunden.
Wenn Du Dir nicht sicher bist, mit welchen Erinnerungen und Verknüpfungen Dein Hund seine ersten Lebenswochen verknüpft, probiere Adaptil lieber nicht gleich zu Hause, sondern an einem anderen Ort aus. Denn es kann tatsächlich auch passieren, dass es bei Deinem Hund Stress auslöst. Dadurch vermeidest Du negative Verknüpfungen vom Zuhause.
DAP® gibt es in verschiedenen Ausführungen wie zum Beispiel Zerstäuber, Spray und Halsbänder.
Tipp 4: Adaptil Tabletten
Eine Zusammensetzung aus verschiedenen natürlichen Nahrungsergänzungsmitteln und unterstützenden Vitaminen, die für Entspannung sorgen.
Y-Aminobuttersäuren (GABA) entspannen und verringern Stress, Tryptophan verringert stressbedingtes Verhalten und Angst, L-Theanin trägt dazu bei, Phobien und Angst unter Kontrolle zu halten. Ein Vitamin Komplex trägt zur normalen Funktion des Gehirns bei und hilft dem Körper beim Umgang mit Stress.
Adaptil kann eine kleine Unterstützung beim Training sein. Adaptil Tabletten sind keine Dauerlösung bei Angst.
Tipp 5: Entspannungsduft/Konditionierte Entspannung
Entspannung ist abrufbar – auch mit Düften!
Ein Entspannungsduft muss natürlich vorher wie der Sound vom Relaxodog erst „aufgebaut“ werden. Gut eignet sich Lavendel, Zitrone, Orange. Etwas mit neutralem Öl verdünnen: 1 Tropfen ätherisches Öl und 10 Tropfen neutrales Öl.
Aufbau: Wenn Dein Hund sehr entspannt ist, legst Du kommentarlos ein Tüchlein mit diesem Duft in seine Nähe. Nimm es wieder weg, sobald die Entspannung vorbei ist. Baue es 2-3 Wochen auf.
Wenn Dein Hund dann in einer Situation Stress hat, holst Du den Duft hervor und er kann etwas runterfahren. Denke dann daran, ihm etwas Schönes zu tun zu geben, was ihm hilft weiter vom Stress runterzukommen.
Den Entspannungsduft musst Du regelmäßig in entspannten Situationen wieder „aufladen“.
Tipp 6: Kauartikel
Kauen baut auch Stress ab und tut vielen Hunden in diesen Situationen gut, sofern sie überhaupt noch Fressen können.
Gib Deinem Hund einen tollen Kauartikel oder einen befüllten Kong, schon einige Zeit bevor die Knallerei los geht!
Tipp 7: Körperkontakt
Vorausgesetzt Dein Hund möchte es, dann kann ihm auch Körperkontakt helfen.
Berührungen, Streicheleinheiten, Massagen, leichter Druck… all das senkt den Blutdruck und das sogenannte Kuschelhormon Oxytocin wird ausgeschüttet. Oxytocin wirkt beruhigend und senkt den Spiegel Stresshormons Cortisol.
Tipp 8: Markersignale
Markersignale und generell Belohnungsankündigungen sorgen, wenn sie gut aufgebaut sind, für angenehme Gefühle bei Deinem Hund.
Wenn Dein Hund Angst hat, darfst Du jederzeit einfach so Markersignale verwenden und so für positivere Emotionen sorgen.
Das sieht dann zum Beispiel so aus:
Knall – Marker – Belohnung – besser fühlen
Keine Angst…
Du kannst eine negative Emotion wie Angst nicht durch etwas Angenehmes, was hinzukommt, verstärken. Das ist einfach nicht möglich! Dein Hund fühlt sich ja wohler in dem Moment, seine Angst kann also weniger werden.
Tipp 9: Thundershirt
Ein Thundershirt ist ein enganliegender Mantel für Deinen Hund!
Durch seinen Schnitt übt das Thundershirt einen als angenehm empfundenen Druck auf den Hund aus. Auch dieser Druck hat eine beruhigende Wirkung auf den Hund.
Tipp 10: Leine/Sicherheitsgeschirr
Leine Deinen Hund die Tage vor und nach Silvester auch nicht ab.
Hast Du einen Hund, der schnell mal aus seinem Brustgeschirr schlüpft, dann ziehe ihm ein ausbruchsicheres Sicherheitsgeschirr an. Damit Dein Hund trotzdem etwas Auslauf hat, benutze am Brustgeschirr eine lange Schleppleine.
Tipp 11: Gassi verschieben
Es gibt ja so helle Köpfe, die knallen schon vorher überall herum. Vielleicht verschiebst Du lieber Deine Gassigehzeiten etwas oder fährst mal mehr nach auswärts zum Spazierengehen.
Versuche auch die Tage vorher oder im Laufe des Silvestertages Deinen Hund so wenig Knallerei wie möglich auszusetzen, denn all das wirkt sich auch mit auf den Stresspegel in der Silvesternacht mit aus.
Tipp 12: Abdunkeln/Radio/TV
Um die Geräusche und die Lichter etwas zu dämpfen, lass sämtliche Rollläden herunter, mach das Radio oder den Fernseher laut.
Und der Hund bleibt während der nächtlichen Knallerei natürlich im Haus – und das bitte nicht allein!
Tipp 13: Rückzugsort
Schaffe Deinem Hund schon lange vor Silvester einen ruhigen Rückzugsort, wo er sich wohl fühlt.
Vielleicht einfach sein Bettchen, eine Ecke unter einem Tisch oder eine Hundebox. Wo hält Dein Hund sich oft auf, wenn er entspannt? Wo geht er hin, wenn er Angst bekommt?
Wenn es solch einen Ort gibt, lass Deinen Hund während der Knallerei ruhig dorthin gehen, wenn er mag.
Wichtig ist, dass Dein Hund allein entscheidet, dorthin zu gehen. Vom Hinschicken wird Dein Hund nicht entspannen und sich wohler fühlen. Deswegen ist so wichtig diesen Rückzugsort schon lange Zeit vorher mit vielen angenehmen Dingen zu verknüpfen.
Tipp 14: Vorsicht bei der Gabe von Medikamenten
Leider gibt es immer noch Tierärzte, die Medikamente verkaufen, die einzig und allein die Muskulatur des Hundes lahmlegen. Der Hund hat also noch Angst, ist nur körperlich nicht mehr in der Lage erkennbare Reaktionen zu zeigen.
Vorsicht! Ganz gefährlich! Mache Dich vorher schlau!
Tipp 15: Zwinge Deinen Hund niemals dazu, die Angst zu ertragen
Ziel im Training ist immer, dass Dein Hund angstauslösende Geräusche entspannter wahrnehmen kann, er Bewältigungsstrategien lernt und die Garantie hat, dass Du auch auf seine Emotionen Rücksicht nimmst.
Zwingst Du ihn in diesen Situationen zu Bleiben, kann er Dir einfach nicht vertrauen – weil Du ihn anscheinend überhaupt nicht verstehst…
Tipp 16: Nicht allein lassen
Es sollte selbstverständlich sein, dass Du Deinen Hund an Silvester nicht allein lässt. Auch Hunde, denen die Knallerei sonst nichts ausgemacht hat, können plötzlich eine Geräuschangst entwickeln und dann sollte man bei ihnen sein.
Tipp 17: Trost – das Allerwichtigste!
Ignoriere bitte niemals die Angst Deines Hundes! Spende Trost, spende Kontakt, versuche Deinem Hund zu helfen! Ausnahme: er möchte das nicht!
Angst ist nichts, womit ein Hund allein klarkommen muss!!! Davon wird es nicht besser!
Gibt es „das“ Hilfsmittel für Deinen Hund bei Silvesterangst?
Nein, das gibt es leider nicht! Jeder Hund ist anders, jeder Hund reagiert anders, jede Situation ist anders. Was bei Deinem Hund wirklich hilft, musst Du einfach ausprobieren. An Geräuschangst solltest Du auf alle Fälle trainieren…
Nicht alle Tipps von dieser Seite helfen allen Hunden gleich gut. Aber Dein Hund hat es verdient, dass Du „seine“ Lösung gegen die Silvesterangst findest!
