Dein Hund macht immer wieder Theater an der Leine bei Hundebegegnungen?
Du möchtest so gern einfach dieses doofe flegelhafte Verhalten bei Deinem Hund „abstellen“? So funktioniert das aber nicht…
Ich denke, sehr viele Hundebesitzer kennen solche Situationen bei Hundebegegnungen, wenn sich der eigene Hund kläffend nach vorne in die Leine schmeißt. Es so aussieht, als ob er den entgegenkommenden Hund einfach nur noch auffressen möchte und man als Mensch oftmals ziemlich hilflos hinten dranhängt. Je nach Kraft und Größe des eigenen Hundes hofft man nur noch, dass man den eigenen Hund gut festhalten kann, er einen nicht von den Beinen reißt oder der andere Hund nicht noch näher herankommt.
Das kann ich bestens nachvollziehen – früher erging es mir genauso. Auch ich hatte damals einige blaue Flecken und ein offenes Knie vorzuweisen. Aber völlig egal, wie groß und stark Dein Hund ist, Stress ist es für alle Beteiligten immer. Du hast Stress, Dein Hund hat Stress und eventuell auch das andere vorbeigehende Mensch-Hund-Team. Denn das Verhalten Deines Hundes wirkt sich oft natürlich auch auf das Verhalten des anderen Hundes aus. Peinlich, oder? Man möchte nur noch still im Erdboden versinken…
Was sind Strafen im Hundetraining…
Jetzt möchte ich Dir erst einmal erklären, was überhaupt eine Strafe ist. Dir muss klar sein, dass allein Dein Hund entscheidet, was für ihn eine Strafe ist (genauso wie anderweitig bei den Belohnungen). Dein Hund allein beurteilt, was für ihn unangenehm ist und was nicht. Wenn Du ein bestimmts Verhalten „weghaben“ möchtest, bekommst Du das ausschließlich über Strafe hin. Das ist nun mal so! Und wenn Du denkst, ein bissel blocken, rucken oder körpersprachlich hemmen ist keine Strafe, Dein Hund aufgrund dessen das Verhalten aber weniger zeigt – dann war es für ihn nun mal eine Strafe. Logisch, oder?
Du hast auch im Hundetraining 4 Möglichkeiten der operanten Konditionierung. Also lernpsychologische Möglichkeiten, wie Du ein bestimmtes Verhalten häufiger oder seltener bekommen kannst.
Ein kleiner aber „wichtiger“ Ausflug ins Lernverhalten:
(eins meiner Lieblingsthemen)
Du erkennst also, dass die Art der Konsequenzen auf das Verhalten entscheidet, ob es eine Verstärkung oder eine Strafe ist.
Verstärkung = mehr Verhalten bekommen
Bestrafung = weniger Verhalten bekommen
Wir beschäftigen uns hier jetzt mal mit der so genannten positiven Strafe, die leider viele Hundemenschen gern im Hundetraining einsetzen, um ein bestimmtes Verhalten zu unterbinden oder zu unterbrechen. Positiv steht also nicht für „gut“, sondern für etwas, das zur Situation hinzukommt.
Überlege also ruhig mal, wo Du überall Strafe im Hundetraining einsetzt. Vielleicht war es Dir ja bisher noch gar nicht so bewusst. Eine Strafe soll also ein Verhalten hemmen, stoppen und es soll in Zukunft weniger häufig auftreten.
Beispiele für positive Strafe sind zum Beispiel sämtliche Schreckreize (Wasser, Wurfketten, Anzischen…), körperliche Reize (Blocken, Anstupsen, Treten…), einige Hilfsmittel (Stachelhalsband, Sprühhalsband, Würgehalsband, Erziehungsgeschirre die Schmerzen verursachen…)
Einige Nebenwirkungen der positiven Strafe:
- Vertrauensverlust zum Hundeführer, wirkt sich schnell auf andere Dinge im Alltag aus
- fördert weiteres Aggressionsverhalten, die Reizschwelle Deines Hundes sinkt
- ein weiterer Angstreiz, ständig die Gefahr (Dich) im Nacken
- erhöht den Stresslevel bei Deinem Hund, genau das wollen wir doch nicht!
- Du bestrafst nicht nur ein Verhalten, Dein Hund macht in dem Moment ja immer mehrere Dinge, eigentlich weißt Du nie genau, was Du bestrafst
- Dein Hund lernt situationsbedingt, Du kannst niemals garantieren, dass der Hund die Strafe ausschließlich mit seinem gerade gezeigten Verhalten verknüpft, vielleicht mit den Kindern in der Nähe, mit dem Nachbarn, mit der Umgebung, mit Dir…
- Strafe kann zu erlernter Hilflosigkeit führen, Dein Hund gibt sich auf, traut sich nicht mehr Verhalten anzubieten, nimmt es einfach hin, ergibt sich seinem Schicksal
Außerdem muss der Mensch sowas von genau sein bei dieser Art zu strafen. Das bekommen die wenigsten Menschen hin. In der Regel wird damit mehr kaputt gemacht wie erreicht. Ich rate also ernsthaft davon ab! Mehr dazu demnächst in unserer Facebook Gruppe „Training für Mensch & Hund“.
Negative Strafe auch nochmal ganz kurz erläutert…
Bei der negativen Strafe, auch frustrierende Strafe genannt, bleibt also ein angenehmer Reiz aus oder er wird aus der Situation entfernt. Beispiele könnten sein: Du verlässt den Raum, wenn Dein Hund Dich anspringt oder Dein Hund zieht an der Leine und Du bleibst stehen.
Diese Strafe sorgt für Frust und Enttäuschung bei Deinem Hund, er kann ja sein aktuelles Bedürfnis gerade nicht befriedigen. Je nach Hund und dessen Frusttoleranzgrenze kann Frust auch schnell mal in Aggressionsverhalten umschlagen. Also muss man auch damit etwas vorsichtig umgehen!
Aber das wichtigste sind die Emotionen…
Du siehst oben im Bild im mittleren Teil immer sehr schön, welche Emotionen bei welcher Konsequenz im Hund entstehen, ob Dein Hund sich besser oder schlechter fühlt.
Gehen wir also nochmal in die Situation Hundebegegnung rein… Dein Hund fühlt sich schlecht, sein Stresspegel ist oben, weil er zum Beispiel einfach mehr Abstand zum anderen Hund möchte, seine Individualdistanz ist unterschritten. Wir unterscheiden immer zwischen Emotionen und Verhalten – sind zwei verschiedene Dinge. Du kannst Emotionen nicht wegstrafen – unmöglich! Du änderst also mit Strafe niemals die negative Emotion Deines Hundes, die er den anderen Hunden gegenüber hat. Aber das tust Du mit der Positiven Verstärkung (etwas angenehmes kommt hinzu) für noch erwünschtes Verhalten, weil Dein Hund sich dabei wohl fühlt und so auch die Möglichkeit bekommt, die Emotionen anderen Hunden gegenüber ins Positive zu ändern.
Also, selbst wenn Du durch Strafe das unerwünschte Verhalten wegbekommst – ändert dies absolut nichts an den negativen Emotionen bei Deinem Hund. Diese sind nach wie vor da und können durch die Strafen sogar größer werden. Es ist lediglich eine Frage der Zeit, bis das unerwünschte Verhalten wieder auftaucht oder sich andere unerwünschte Verhaltensweisen zeigen. Dein Hund ist ja nicht entspannt!
Wichtig:
Sehe immer die Emotionen, die ein Verhalten auslösen – dort musst Du beim Training ansetzen! Ändern sich die Emotionen ins Positive, kann sich auch das Verhalten nachhaltig ändern!
Habe ich Dich ein klein wenig zum Nachdenken animiert? Dann lass es mich bitte wissen…