Die meisten Menschen denken bei der Vorderkörpertiefstellung von Hunden sofort an die Spielaufforderung. Erblicken sie die Vorderkörpertiefstellung im Hundekontakt, sind sie beruhigt, dass ihr Hund und der fremde nun offenbar miteinander spielen. Ist das wirklich so?
So sieht die Vorderkörpertiefstellung aus:
Der Vorderkörper wird bei mehr oder weniger gestreckten Hinterläufen in Richtung Boden abgesenkt. Die Vorderläufe liegen bis zum Ellenbogengelenk auf.
Die Vorderkörpertiefstellung ermöglicht es dem Hund, durch das Durchdrücken der Hinterläufe schnell und mit Kraft aufzuspringen, und zwar in verschiedene Richtungen (= Funktion).
Je nach Kontext, bekommt der Vorderkörpertiefstellung eine andere Bedeutung zu.
1. Spielsignal
Unter der Vorderkörpertiefstellung wird in erster Linie eine „Spielaufforderung“ zur Initiierung eines Spiels verstanden. Aber sie wird auch während des Spiels durchaus wiederholt gezeigt und hat dabei andere Funktionen:
Wird ein Spiel (zu) schnell oder (zu) intensiv, nehmen Hunde diese Körperhaltung ein, um das Spiel kurz zu unterbrechen und somit das Tempo zu regulieren.
Körpersprachliche Details, die auf die Vorderkörpertiefstellung als Spielsignal hinweisen, sind:
- gespreizte Vorderläufe
- Spielgesicht / nach hinten gezogene Ohren und Lefzen
- Blick geht am Spielpartner vorbei
- weit wedelnde Rute, durchaus über der Rückenlinie möglich
- gebogene/ kurvige Rückenlinie
2. Lauerhaltung
Auch im Rahmen von Jagdverhalten kann die Vorderkörpertiefstellung gezeigt werden. Hierbei wird der Körper auf die Beute ausgerichtet, der Hund macht sich mit der Vorderkörpertiefstellung sprungbereit.
Die Vorderkörpertiefstellung als Lauerhaltung erkennt man an diesen Details:
- der Blick haftet am Auslöser (der Beute)
- der ganze Körper bildet einen geraden Pfeil in Richtung der Beute – oder den anderen Hund!
- Rute oberhalb der Rückenlinie, enges oder gar kein Wedeln der Rute
- Ohren vorne/oben
- Vorderläufe parallel
Auch im Spiel kann die Lauerhaltung gezeigt werden – als Spiellauern, und es kommt zum spielerischen Anschleichen. Entscheidendes Merkmal ist, dass der „Angreifer“ dann auf den Spielpartner zuhoppelt und hopst.
ACHTUNG:
Der Übergang von „Wir spielen Jagd.“ zu „Ich jage dich!“ kann fließend sein und kippen. Besondere Vorsicht ist bei Jagdspielen zwischen großen und kleinen Hunden geboten.
3. Konfliktsignal
Auch bei Motivationskonflikten können wir die Vorderkörpertiefstellung beobachten. Gerade in Annäherungssituationen kommt sie öfter vor und wird dann fälschlicherweise als Spielaufforderung interpretiert. Der innere Konflikt kann darin bestehen, sich einem (fremden) Artgenossen annähern zu wollen, gleichzeitig aber mit einer Abwehrreaktion zu rechnen.
Auch unter bekannten Hunden können wir die Vorderkörpertiefstellung als Konfliktsignal beobachten, nämlich wenn der Hunde-Kumpel eine Ressource bei sich hat.
Die Vorderkörpertiefstellung entsteht hier durch eine gehemmte Vorwärtsbewegung/ Annäherung: Der Hintern schiebt sich heran, während die Vorderläufe an Ort und Stelle bleiben.
Begleitet wird die Vorderkörpertiefstellung als Konfliktsignal von weiteren Konfliktzeichen, d.h. widersprüchlichen Körperzeichen, eventuell auch Bellen.
Turid Rugaas, eine norwegische Hundetrainerin, sieht die Vorderkörpertiefstellung auch als Beschwichtigungssignal. Das Konzept der Beschwichtigungssignale ist nicht unumstritten. Fraglich ist, inwiefern Hunde Signale gezielt aussenden mit der Intention, einen Artgenossen zu beschwichtigen. Zudem überschneiden sich die von Turid Rugaas als Beschwichtigungssignale eingeordneten Körperzeichen mit Konflikt- und Stresssignalen. Interpretieren wir Beschwichtigungssignale, neigen wir dazu, Unterstützungsbedarf bei unseren Hunden zu übersehen.
Die „Dienerstellung“ zeigen unsere Hunde auch beim Dehnen nach dem Aufstehen – oder bei Rücken- und Bauchschmerzen. Auch hier entscheidet der Kontext darüber, welche Bedeutung die Vorderkörpertiefstellung haben mag.