Hundeschule in Schauenburg, Baunatal, Kreis Kassel – Welpen, Junghunde, Mantrailing & Social Walks
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Wissenswertes

Warum Dein Hund nicht „ungehorsam“ ist – sondern etwas ganz anderes braucht

Du gibst Deinem Hund ein Signal… und er macht etwas völlig anderes. Oder gar nichts. Vielleicht schaut er Dich nicht mal an. Und dann schleicht sich dieser Gedanke ein: „Der ist aber ungehorsam.“ Oder schlimmer: „Der macht das doch mit Absicht… oder um mich zu ärgern.“

Atmen wir einmal durch. Denn solche Momente haben wir alle. Wirklich alle.

Und trotzdem: So denken Hunde nicht. Hunde schmieden weder Pläne gegen uns noch spielen sie „Ätschibätsch – such Dir doch einen anderen, den Du herumkommandieren kannst.“ Wenn ein Hund ein Signal nicht ausführt, steckt dahinter immer ein guter Grund. Und der ist meistens ganz anders, als man im ersten Moment denkt.

„Ungehorsam“ – ein Wort aus einer falschen Welt

Gibst Du „Ungehorsam“ bei Google ein, bekommst Du so etwas wie: „…sich dem Willen einer Autorität widersetzend.“
Und mal ehrlich: Ist das ein Wort, das zu einer Beziehung passt? Zu Lebewesen, die mit uns zusammenleben – nicht für uns arbeiten?

Hunde lernen. Sie reagieren. Sie fühlen. Und sie treffen Entscheidungen aus ihrer Situation heraus. Nicht aus Trotz.

Wenn Dein Hund nicht reagiert – was wirklich dahintersteckt

Anstatt „Der will nicht!“ ist die Frage viel hilfreicher: „Kann er gerade überhaupt?“ Und da lohnt es sich, genauer hinzuschauen.

Wurde das Signal wirklich robust trainiert?

Viele Menschen sagen früh: „Der kann schon Sitz. Und Platz auch.“
Und dann stehen sie im ersten Welpenkurs draußen – und plötzlich geht… nichts. Völlig normal.

Ein Verhalten im Wohnzimmer zu können, heißt nicht, dass es auch im Wald, an der Straße, im Park, bei Wildgeruch oder zwischen zwei bellenden Hunden funktioniert. Generalisation ist der Schlüssel. Hunde müssen Signale in vielen verschiedenen Kontexten kennenlernen, bevor sie als „kann er zuverlässig“ gelten.

Ablenkungen verändern alles

Sobald spannende Gerüche, Menschen, Hunde, Kinder oder Wild dazukommen, wird das Gehirn Deines Hundes anders priorisieren. Nicht, weil er „ungehorsam“ wäre, sondern weil sein Nervensystem erstmal sortieren muss, was jetzt wichtig ist.

Stress macht Lernen unscharf

Wenn Dein Hund gestresst ist – egal ob durch Überforderung, Unsicherheit, Lärm, Tempo, Kälte oder Fremdes – kann er erlernte Signale schlechter abrufen. Das geht uns Menschen genauso: Im Stress erinnern wir uns auch kaum an das, was wir eigentlich „wissen“. Manchmal ist Nicht-Reagieren also: „Ich würde ja – aber ich kann gerade nicht.“

Sind Deine Belohnungen wirklich Belohnungen?

Du kannst 20-mal „Fein!“ sagen und trotzdem trifft es Deinen Hund vielleicht null. Die Frage lautet: „Was hat er von seiner Entscheidung, Dir zuzuhören?“ Belohnungen müssen für den Hund sinnvoll sein. Motivierend. Bedürfnisgerecht. Individuell. Manche Hunde arbeiten für Futter. Manche für Abstand. Manche für Bewegung. Manche für Schnüffeln.

Hat Dein Hund das Signal überhaupt wahrgenommen?

Manchmal verpufft unser Signal einfach: Wind trägt den Ton weg, Umgebung ist lauter als Deine Stimme, der Hund ist zu erregt oder Du bist zu weit weg. Dann ist „Der ignoriert mich!“ schlicht eine Fehlannahme.

Ist das Signal körperlich oder emotional überhaupt möglich?

Ein Beispiel: Warum setzt sich ein Hund draußen nicht hin? Vielleicht weil der Boden kalt ist, nass, piksig, voller fremder Gerüche oder Pfützen. Oder weil „Sitz“ ihn in dieser Situation unsicher macht, zum Beispiel wenn er mit dem Rücken zum Weg sitzen müsste.

Oder beim Rückruf: Vielleicht müsste er zu nah an einer bedrohlichen Situation vorbeilaufen. Kein Hund rennt freiwillig in Richtung Stress. Das ist kein Trotz. Das ist Instinkt und Selbstschutz.

Wurde das Signal sauber aufgebaut?

Hier liegt oft die größte Ursache für Schwierigkeiten: zu schnell, zu viel, zu unklar. Fehlverknüpfungen, unklare Signale, falsche Belohnungen oder Lücken im Aufbau führen langfristig dazu, dass ein Verhalten nicht zuverlässig funktioniert. Das ist kein Fehler des Hundes. Das ist einfach nur Training, das noch nicht fertig ist.

Worum es wirklich geht

Hunde sind keine Maschinen. Sie sind fühlende Lebewesen, die jede Sekunde versuchen, in dieser Welt zurechtzukommen – mit all ihren Reizen, Bedürfnissen, Emotionen und Unsicherheiten. Deshalb ist „Ungehorsam“ ein Wort, das eher trennt, als verbindet.

Es lohnt sich viel mehr zu fragen: „Was braucht mein Hund in dieser Situation, um das Verhalten zeigen zu können?“ Denn erst, wenn er kann, kann er.

Fazit

Sag nicht: „Mein Hund ist ungehorsam.“
Sag lieber: „Ich schaue mir an, was dahintersteckt.“

Es gibt immer eine Ursache. Und sie heißt fast nie „er will nicht“. Sondern: er kann gerade nicht, er versteht es nicht, er ist abgelenkt, er fühlt sich unwohl oder er braucht etwas anderes.

Und das ist doch eigentlich eine wunderschöne Einladung: gemeinsam besser zu werden – ohne Druck und ohne Schuld.

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